SerienReview zu FÜR UMME

Meine bescheidene Meinung: 

Es kommen in den letzten Jahren nicht nur verdammt gute deutsche Filme auf den Markt, auch immer mehr sehenswerte Serien finden ihren Weg in die Gunst der Zuschauer. Da wären beispielsweise Produktionen wie DEUTSCHLAND 83 und ihre Nachfolger, BABYLON BERLIN und natürlich DARK, die auf Netflix große Wellen schlug. Natürlich kann FÜR UMME mit diesen großen Vorbildern nicht mithalten, warum die deutsche Comedy-Produktion aber dennoch einen Blick wert ist, das erfahrt ihr wie immer in meinem Review. 

Der über 30-jährige brotlose Schauspieler Moritz „Mo“ Mikkelsen (Michael Fritz Schumacher) ist in jeder Hinsicht ein wahrer Verlierer. Er wartet seit Ewigkeiten auf den Durchbruch als Schauspieler und schleppt sich von einem Casting zum Nächsten. Meistens stehen er und eben seine Art sich selbst im Weg, sodass er die Rollen im letzten Moment dann doch nicht bekommt. Irgendwann beginnt er, sein Talent auch im „wahren Leben“ zu benutzen und merkt dabei nicht, dass er wirklich etwas damit bewirkt oder wann es ernsthaft schlimme Konsequenzen haben könnte. Eine Odyssee ums nackte Überleben beginnt und der Zuschauer wird Zeuge, wie sich Mo, mit fiesen Tricks, Manipulation, Intrige und Beschiss bis an die Spitze manövriert, aber dabei auch menschlich tief fällt...

FÜR UMME hat schon einen langen Weg hinter sich, bevor sie ihren Weg zu und ihre Heimat in  Amazon Prime fand. Lange waren die Macher auf der Suche nach einem Sender, der das Potenzial der Produktion erkennt. Nun, ab dem 18. September 2020, könnt ihr euch selbst ein Bild darüber machen, ob Amazon den richtigen Riecher hatte. 

Die deutsche Serie FÜR UMME beginnt schon ziemlich abgedreht und somit sehr vielversprechend. Wie eben ein guter Scheiß anfängt, also so mittelmäßig guter Scheiß halt. Das Erstaunliche dabei ist, dass diese spezielle Serie ihr sehr hohes Pacing bis zum bitteren Ende halten kann. Wir verfolgen die Hauptfigur Mo in elf ca. zehnminütigen Folgen, wie er seinen nicht ganz so normalen Alltag meistert und dies erzählt er den Zuschauern auch gerne mal aus dem Off. In den folgenden, sehr abgedrehten Episoden werden einem die Tücken und Hürden der Schauspielerei nahegelegt. Eine skurrile Szene reiht sich an die Nächste und der Zuschauer fragt sich: Warum tut sich der arme Kerl das nur an? Wie viele Demütigungen ist die Verwirklichung der Träume wert? Und dennoch schwingt immer ein gewisser Grad an Verständnis mit. 

Absurde Situationen, bissige Dialoge und ganz viel derber Humor, der oftmals zum Fremdschämen wie zum Bedauern einlädt, sind die erfolgversprechenden Zutaten, die den Charme der Serie ausmachen. Eine bissige Sicht auf das Showbiz (FÜR UMME erzählt auch irgendwie die Geschichte von einem verirrten Geist, der vom Saulus zum Paulus mutiert), wenn man so will. Mit viel Herz und Mut zum überdrehten Kalauer machen die Serienschöpfer um Michael Schumacher (OPERATION WALKÜRE) aus FÜR UMME eine willkommene und vielversprechende Abwechslung im sowieso viel zu übersättigten Serien-Dschungel. 

Regisseur Vlady Valentin Oszkiel und sein Team wissen genau, was die Zuschauer der heutigen Generation wollen. Das Erzähltempo wird sehr hoch gehalten, die Folgen auf 8 bis 10 Minuten zurechtgestutzt (denn die Aufmerksamkeitsspanne der Deutschen ist wohl sehr gering) und das Schnitttempo ist rasant. Man kann dem Szenario also perfekt folgen und der Einstieg gelingt immer, ohne viel darüber nachdenken zu müssen. Dennoch sind ein paar Einfälle, Kamerafahrten und visuelle Reize doch sehr ansprechend und dies zeigt ein enormes Talent des Regisseurs. Die Schauspieler stehen diesem inszenatorisch gut gelungenem Ansatz aber in nichts nach. Die Darsteller können in jeder noch so prägnant überzogenen Szene überzeugen und sind mit vollem Herzblut dabei. Dies überträgt sich auf die gesamte Produktion und machen die sowieso schon sehr kurzen Folgen noch unterhaltsam kurzweiliger. Drehbuchautor, Produzent und Hauptdarsteller Michael Schumacher beweist mit seiner Performance, seinem Charisma und dem nötigen Mut zur Uneitelkeit, dass er für viel größere Produktionen geschaffen ist. Man kann die Verzweiflung seiner Hauptfigur fast fühlen und seine misslichen Lagen sowie Rückschläge oder absurden Situationen am eigenen Leib spüren, seine Intrigen und Boshaftigkeiten beschämend verstehen oder den faden Beigeschmack so mancher Aktionen auf der Zunge spüren. Verziert wird dieser höllische Spaß mit starken Cameos von u.a Martin Semmelrogge (DAS BOOT) und Oliver Korittke (BANG BOOM BANG) vorwiegend als Regisseure oder mit wiederkehrenden Rollen, besetzt von talentierten Schauspielern wie Gisa Flake (STADTLANDLIEBE) oder altehrwürdigen Profis wie Philipp Sonntag (VORNE IST VERDAMMT WEIT WEG).

Ganz großes Kino im allerkleinsten Rahmen. Denn all die schönen kleinen kreativen Einfälle und das alles in vorwiegend 10-minütigen Folgen verpackt, das ist nicht nur konsequent getimt, sondern auch verdammt gut inszeniert und dargeboten.